Mittwoch, 24. November 2010

Immer noch deine Straßen!

Gut zwei Monate sind nach Aufhängung der Schilder vergangen, da hat sich eine Reaktion ergeben. Die HAZ berichtete von einer "Initiative", die sich zum Ziel gesetzt habe, öffentlich darüber zu diskutieren, ob hannoversche Straßennamen zu viel Militarismus widerspiegeln.

Die Diskussion scheint langsam im Gange, das Thema hat mit der "Umbenennung" der Wißmannstr. in der Südstadt und der Diskussion um den Namen der Elkartallee eine neue Aktualität gewonnen. Und die Reaktion?Nachdem zwei Monate nach Anbringen der Schilder nichts passierte, überwiegend negativ. Woran liegt das? Es lassen sich in den Kommentaren auf dieser Seite, der Disussionsseite der HAZ sowie auf der Internetseite eines anderen Blogs verschiedene Argumente ausmachen.

Zunächst einmal ist ganz offensichtlich eine Unlust zu vernehmen, den Aufwand zu schultern, den eine etwaige Umbenennung von Straßen mit sich brächte.
Ein solcher ist nicht zu verleugnen. Eine Umwidmung / Umbenennung von Straßen zöge ohne Zweifel eine Menge Konsequenzen nach sich, was wir in unserem vorherigen Beitrag übrigens erwähnten. Es gälte, ein kompliziertes Verwaltungsverfahren zu durchlaufen und viele andere Hürden zu nehmen.
Dieser Einwand übersieht nach unserer Meinung jedoch zweierlei: Zunächst einmal wurde mit keinem Wort eine sofortige Umbenennung etwa der Walderseestr. gefordert. Ganz im Gegenteil, wir wollten zu einer Diskussion einladen. Des Weiteren, so hat smithee ausgeführt, gibt es auch die Möglichkeit einer "scheinbaren Umbenennung", geschehen etwa in der Wißmannstr.
Und, die Frage sei erlaubt, wurde sie auch bereits im ersten Beitrag gestellt: Wenn die genannte Möglichkeit aus welchen Gründen auch immer, nicht in Frage kommt, wann ist der Punkt erreicht, der eine Umbenennung rechtfertigt?

Eine weitere Argumentationslinie ist die folgende, die wir, gelinde gesagt, für unpassend halten. Es wird auf die Praxis anderer Städte und Länder, konkret auf "die Franzosen" verwiesen. Gewiss, nimmt man etwa einen Pariser Stadtplan zur Hand, so wird dem interessierten Betrachter / der interessierten Betrachterin auffallen, dass die Mehrzahl (!) der Städte und Plätze nach Schlachten und mehr noch nach Militärs benannt ist. Doch wieso sollte diese Praxis Auswirkungen auf eine hannoversche Diskussion haben? Die Beschäftigung mit der "eigenen" Geschichte wird in Frankreich sicherlich anders betrieben als diesseits des Rheins und das hat auch seine Gründe. Geschichtsvergessen, wie ein Kommentar auf unseren Beitrag uns vorwirft, ist die Diskussion um die Rechtfertigung von Straßennamen jedenfalls nicht!

Ganz ab vom Schuss ist es aus unserer Sicht übrigens auch, in revanchistischer Manier auf die Seeblockade des Deutschen Reichs durch England oder die militärischen Taten der Franzosen zu verweisen. Wenn die stolz sind, dürfen wir das auch, wenn die nicht darüber diskutieren, bleiben auch wir Gewohnheitstier. Bei solch einer Argumentation muss sich doch dem geschichtlich interessierten Leser / der geschichtlich interessierten Leserin der Magen umdrehen !

Von Seiten einiger Kommentatoren wird uns weiterhin vorgeworfen, dass wir uns und unsere Stadt lächerlich machten, gewissermaßen das Ansehen Hannovers beschmutzen. Was, bitteschön, soll damit gemeint sein? Was beschämt Sie an einer ehrlichen Diskussion über Ehrennamen, was lässt Sie denken, eine solche wäre kleinlich? Was ist peinlich daran, darüber zu diskutieren, ob ein Alfred von Waldersee, der in China kein Pardon gab, die Ehre verdient, eine hannoversche Prachtstraße nach sich benannt zu wissen.

Eins noch: Laut der Stadt Hannover ist eine Umbenennung vorzunehmen, wenn "die geehrte Person Ziele und Wertvorstellungen verkörpert, die im Widerspruch zu der Verfassung oder Menschenrechten stehen, und der geehrten Person schwerwiegende persönliche Handlungen (zum Beispiel Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Rassismus, Kriegsverbrechen) oder die aktive Mitwirkung in einem Unrechtssystem zuzuschreiben sind." (zitiert nach: www.hannover-entdecken.de)

1 Kommentar:

  1. Hallo O.E.L.,

    die Diskussion um koloniale Straßennamen läuft inzwischen bundesweit und neben den schon umbenannten Straßen und Plätzen in Hannover (Karl-Peters-Platz, Lettow-Vorbeck-Alee) sind wohl auch Walderseestraße und Nettelbeckstraße sowie Woermannstraße und Rohlfsstraße (Badenstedt) nicht akzeptabel. Allerdings sind die so genannten "Umwidmungen" ohne Namensänderung wohl kaum anders denn als Etikettenschwindel zu bezeichnen und haben mit einem aufrichtigen und verantwortungsbewußten Geschichtsumgang wohl nichts zu tun. Ich frage mich schon lange, mit welchem Argument man gegen eine Ehrung der Opfer oder Gegner des Kolonialismus sein kann, bei welcher zudem der historische Kontext gewahrt bleiben würde. Dies ist aber bisher nur in Berlin Kreuzberg geschehen, wo das Gröbenufer in May-Ayim-Ufer umbenannt wurde.

    Zum Thema siehe auch: www.freedom-roads.de

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